Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 29. September 2020 den Eilantrag eines Logistikunternehmens mit Sitz im Greven abgelehnt, ihr im Wege der Ausnahmebewilligung vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung von 720 Arbeitnehmern am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2020, und von jeweils 240 Arbeitnehmern am Sonntag, dem 4. Oktober 2020 sowie am Sonntag, dem 11. Oktober 2020 zu bewilligen.
Die Antragstellerin betreibt in Greven ein Logistikzentrum, in dem sie Kommissionier-, Versand- und Retourenleistungen für ein Unternehmen des Versandhandels vornimmt. Die bei dem Versandhandelsunternehmen eingehenden Warenbestellungen werden von der Antragstellerin aus dem Warenlager des Logistikcenters zusammengestellt und in Paketen verschickt. Zur Begründung der mit dem Eilantrag erstrebten Ausnahmebewilligung machte die Antragstellerin unter anderem geltend: Wegen einer ab dem 3. Oktober 2020 bevorstehenden Sonderverkaufsaktion ihres Vertragspartners sei mit einem sprunghaften Anstieg der Warenausgangsmengen zu rechnen. Das deutlich erhöhte Bearbeitungsaufkommen würde bei einer Beschränkung auf den Betrieb nur an Werktagen für die zu beliefernden Kunden überwiegend zu einer Lieferzeit von mindestens 1,5 Wochen führen. Angesichts dessen müsse sie mit negativen Auswirkungen auf die laufenden Vertragsverhandlungen zur Verlängerung des Logistikvertrages mit ihrem einzigen Kunden des Betriebs in Greven sowie mit Vertragsstrafen rechnen. Die nunmehr erstrebte Ausnahmebewilligung sei ihr auch in den letzten Jahren erteilt worden.
Dieser Argumentation folgt das Gericht jedoch nicht. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Nach dem Arbeitszeitgesetz dürften Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme lägen nicht vor. Entscheidend sei insoweit, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die besonderen Verhältnisse hätten, inwieweit diese Folgen (nur) durch Sonntagsarbeit verhütet oder gemildert werden könnten und ob sie im Hinblick auf das Gewicht des Sonn- und Feiertagsbeschäftigungsverbots unverhältnismäßig schwer wögen. Die Antragstellerin habe aber keine Tatsachen vorgebracht, die einen Anordnungsanspruch begründen könnten. Die ihr gegebenenfalls drohende Vertragsstrafe begründe keinen unverhältnismäßigen Schaden. Es sei bereits nicht vollständig klar, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen und gegebenenfalls in welcher Höhe Vertragsstrafen anfielen. Da die Antragstellerin noch eine Reihe anderer inländischer Standorte unterhalte, komme es ohne weiteres in Betracht, dass die von ihr genannte Summe von 200.000 Euro für sie wirtschaftlich kaum ins Gewicht falle. Ebenso wenig begründe der Vortrag der Antragstellerin einen unverhältnismäßigen Schaden, ihr Vertragspartner könne sich dazu entscheiden, den Vertrag mit ihr nicht zu verlängern. Es sei bereits völlig spekulativ, von welchen Umständen der Vertragspartner seine unternehmerische Entscheidung, mit welchem Logistikunternehmen er zusammenarbeite, abhängig mache. Die Antragstellerin habe auch keine Tatsachen glaubhaft gemacht, aus denen folge, dass die Beeinträchtigung ihrer Konkurrenzfähigkeit unzumutbar sei. Dass es Unternehmen mit Sitz in anderen Ländern unter erleichterten rechtlichen Voraussetzungen möglich sei, Sonn- und Feiertagsarbeit anzuordnen, und sich dadurch Unterschiede in der Konkurrenzfähigkeit ergäben, liege in der Natur der Sache und begründe als solches noch keine unzumutbare Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Lediglich zur Klarstellung sei darauf hinzuweisen, dass dem Umstand, dass die Bezirksregierung Münster in den Vorjahren Ausnahmebewilligungen erteilt habe, keine rechtliche Bedeutung zukomme, weil ein Anspruch auf behördliche Fehlerwiederholung nicht existiere.
Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.
Der Beschluss wird in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.
(Az.: 9 L 837/20 – nicht rechtskräftig)