Das Verwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 28. November 2014 entschieden, dass das während einer Versammlung der NPD am 15. August 2013 am Schlossplatz in Münster ausgesprochene Verbot des Polizeipräsidiums Münster, den „Badenweiler Marsch“ zu spielen, sowie das spätere Unterlassen der Polizei, die mehrstündige Blockade von Fahrzeugen der NPD durch Gegendemonstranten zeitnah aufzulösen, rechtswidrig gewesen sind. Soweit es um Schutz gegen den Bewurf mit Gegenständen gegangen sei, habe die Polizei hingegen rechtmäßig gehandelt.

Für den 15. August 2013 hatte die NPD eine Versammlung in Münster zum Thema „Asylflut und Eurowahn stoppen – NPD in den Bundestag“ angemeldet. Da der ursprünglich vorgesehene Bereich durch Gegendemonstranten blockiert war, fand die Kundgebung am Schlossplatz statt. Vor Beginn hatte der Einsatzleiter der Polizei dem Versammlungsleiter der NPD erklärt, ein Abspielen des „Badenweiler Marschs“ (ursprünglich „Badonviller Marsch“) würde nicht hingenommen, sondern als eine Störung der öffentlichen Ordnung unterbunden. Im Laufe der Versammlung bewarfen Gegendemonstranten Versammlungsteilnehmer mit Lebensmitteln und toten Küken, gegen Ende der Veranstaltung vereinzelt auch mit Steinen. Nach Ende der Veranstaltung sperrten etwa 50 Gegendemonstranten die Abfahrt eines LKW der NPD durch eine Sitzblockade. Auf Aufforderung der Polizei machten nach Ablauf von mehr als zwei Stunden die Gegendemonstranten den Weg frei, einzelne noch blockierende Gegendemonstranten wurden durch Polizeibeamte abgedrängt.

Am 30. August 2013 erhob die NPD Klage und beantragte die gerichtliche Feststellung, dass das Verbot des Abspielens des „Badenweiler Marsches“, die Duldung des Bewerfens der NPD-Kundgebungsteilnehmer durch Gegendemonstranten mit gefährlichen Wurfgeschossen sowie die nicht erfolgte Auflösung der Blockaden durch Gegendemonstranten während der Abfahrt der NPD-Kundgebungsteilnehmer rechtswidrig gewesen sind.

Dieser Klage gab das Verwaltungsgericht Münster nunmehr teilweise statt. Zur Begründung führte der Vorsitzende Richter mündlich aus: Das Verbot, den Badenweiler Marsch während der Versammlung abzuspielen, sei rechtswidrig gewesen und habe die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Es sei nicht erkennbar, dass das Abspielen des Marsches die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört habe. Das Lied weise keinen für nationalsozialistische Organisationen kennzeichnenden Symbolcharakter auf. Zwar sei der Marsch bei Auftritten Hitlers gespielt worden und dadurch historisch belastet. Er sei aber nicht verboten und werde gelegentlich bei Militärmusikveranstaltungen gespielt. Das Abspielen des Marsches erfülle auch nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung. Auch stelle es keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung dar, dass möglicherweise einige der Gegendemonstranten den Marsch erkannt und als provokant wahrgenommen hätten. Ebenso sei es rechtswidrig gewesen, dass die Polizei die Sitzblockade der Gegendemonstranten vor den Fahrzeugen der Klägerin nach dem Einsatzbericht der Polizei über eine Zeit von mehr als zwei Stunden nach Beendigung der Versammlung nicht aufgelöst habe. Die Klägerin habe aus dem Grundgesetz einen Anspruch auf effektiven staatlichen Schutz zur Ermöglichung einer Abreise von dem Versammlungsplatz gehabt. Die Klage habe jedoch im Übrigen keinen Erfolg. Es sei nicht feststellbar, dass die Polizei ein Bewerfen der Teilnehmer der Versammlung der Klägerin mit gefährlichen Wurfgeschossen geduldet und dabei das aus dem Grundgesetz folgende Recht der Klägerin auf Schutz der Versammlungsteilnehmer verletzt hätte. Aus dem Einsatzbericht der Polizei ergebe sich, dass sie mehrfach gegen den Bewurf mit Lebensmitteln und ähnlichem vorgegangen sei. Aufgrund der unübersichtlichen Gesamtlage sowie der weitläufigen Örtlichkeit sei es nicht möglich gewesen, derartige Zwischenfälle komplett zu unterbinden. Die Polizei habe die Gegendemonstranten mehrfach aufgefordert, das Werfen von Gegenständen zu unterlassen. Dass einer solchen Aufforderung nicht immer jeder Demonstrant nachkomme, sei nicht zu verhindern. Soweit ein Bewurf der Kundgebungsteilnehmer mit harten Wurfgeschossen bzw. mit Eiern erfolgt sei, habe die Polizei drei Personen festgenommen und in der Folgezeit Strafverfahren eingeleitet. Dies belege, dass die Polizeikräfte die staatlichen Schutzpflichten erfüllt hätten.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden.

Das Urteil wird in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.

(Az.: 1 K 2698/13 - nicht rechtskräftig)